Hanf - weit mehr als eine Droge

Hanf ist vielseitig einsetzbar. Ob als Baustoff, Papier, Nahrungsmittel, in der Medizin oder als Textilfaser, in vielen Bereichen hat Hanf seine Berechtigung. Als Segel und zu Seilen verarbeitet diente Hanf schon Kolumbus, um in See zu stechen, und in China belegen Schriftstücke von 500 v. Chr. die Nutzung von Hanf für Kleidung. Die erste Levi Strauß Jeans Mitte des 19. Jahrhunderts war aus 100% Hanf.

Heute erleben wir die Wiederentdeckung dieser Nutzpflanze und ihr großes Potenzial.

Hanfpflanze
Die Pflanze
Hanf zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Erde und ist eine heimische Pflanze, deren Anbau in Deutschland lange Zeit verboten war. Seit 1996 ist der Anbau von Nutzhanf wieder erlaubt. Unter Nutzhanf versteht man die Hanfsorten, die einen geringeren THC-Gehalt haben, so dass sie nicht als Rauschmittel verwendet werden können.
Hanf überzeugt mit einer Reihe von ökologischen Vorteilen: Die Pflanze ist genügsam, anspruchslos und robust. Sie wächst nahezu auf jedem Boden ohne Bewässerung, ohne Einsatz von Pestiziden und ist resistent gegen Pilze und Bakterien. Hanf wurzelt bis in eineinhalb Meter Tiefe, verbessert die Bodenstruktur und kann innerhalb von vier Monaten eine Höhe von bis zu vier Metern erreichen.
Hanfstengel
Hanffaser Gewinnung
Hanffasern werden aus den Stängeln der Hanfpflanze gewonnen. Durch Brechen und Walzen der Stängel trennt man die Fasern vom Rest der Pflanze. Für textile Zwecke sind nur lange Fasern geeignet. Hierfür wird der Hanf zur Blütezeit geerntet, parallel ausgelegt und getrocknet. Nach einer anschließenden Wasserröste wird erneut getrocknet. Im Anschluss wird das Stroh gebrochen und über Schwingen und Hecheln die Langfasern gewonnen. Spinnbare Fasern sollten eine Länge von 15 bis 150 mm Länge aufweisen. Dieser Langfaseraufschluss ist sehr aufwändig und personalintensiv und wird deshalb heute vor allem in Osteuropa, China und Indien betrieben.
Die Kurzfaseraufbereitung ist weniger aufwändig. Auf die Wasserröste und die Parallellage des Strohs wird verzichtet. Der Prozess ist weitgehend automatisiert und stellt die kostengünstigere Variante der Hanfgewinnung dar. Allerdings werden diese Fasern eher für technische Anwendungen eingesetzt.

Eigenschaften von Hanf

  • hohe Festigkeit (höchste Festigkeit unter den pflanzlichen Fasern)
  • hohe Scheuerfestigkeit (strapazierfähig)
  • verrottungsfest
  • sehr geringe Elastizität (1-6% Dehnung)
  • wenig formbeständig, hohe Knitterneigung
  • hohe Feuchtigkeitsaufnahme (bis zu 30%)
  • hohe Wärmeleitfähigkeit
  • geringes Wärmerückhaltevermögen
  • geringe elektrostatische Aufladung
Verwendung von Hanf für Textilien

Hanf kann vielseitig in der Textilindustrie eingesetzt werden. Wir finden Hanf in Bekleidung wie T-Shirts, Polos, Pullis, Hemden/Blusen und Jeans. Sogar in Schlafanzügen, Unterwäsche, Socken, Hüten und Mützen kommt Hanf zum Einsatz. Oft handelt es sich um Mischungen mit Baumwolle (vorzugsweise Biobaumwolle), seltener um 100 Prozent Hanfkleidung. Je höher der Hanfanteil, desto vergleichbarer wird das Textil mit der Leinenbekleidung in Trageeigenschaft und Haptik.
Heimtextilien sind ein weiterer Verwendungsbereich für Hanf. Handtücher, Waschlappen, Bettdecken, Matratzenbezüge oder Futon-Füllungen können Hanf enthalten. Genauso wie bei Bekleidungstextilien schätzt man in diesem Bereich die temperaturausgleichende, atmungsaktive und strapazierfähige Eigenschaft der Faser. Häufig sind Hanf/Baumwolltextilien nach GOTS, einem der wichtigsten Nachhaltigkeitssiegel für Textilien, zertifiziert.

Fazit

Textilien aus Hanf sind widerstandsfähig und langlebig. Sie haben einen leicht kühlenden Effekt und bringen antibakterielle und antimykotische Eigenschaften mit.
Aufgrund der ökologischen Vorteile der Pflanze und ihrer biologischen Abbaubarkeit gelten Textilien aus Hanf als besonders nachhaltig und kreislauffähig. Der einzige negative Aspekt ist, dass die Regionalität meist noch nicht gegeben ist. Hierzu gibt es innovatives Bestreben. Eine bayerische Spinnerei arbeitet an einem Garn aus Biobaumwolle und in Deutschland angebautem Hanf. Somit ist auch der Aspekt von möglichst kurzen Lieferketten in dieser ökologisch vorteilhaften Produktinnovation enthalten.
In Deutschland hat sich die Anbaufläche von Hanf seit 2018 verdoppelt und liegt jetzt bei 6943 Hektar (Cotton Conference 2024 Vortrag TRÜTZSCHLER Spinning).